Lieber Gott im Himmel…
Im Frühling 2025 von Robert Asam
Die Gemeinderatswahlen werfen ihre Schatten voraus. Um genau zu sein: Den Schatten werfen Plakatwände. Hier lacht uns die Vizebürgermeisterin entgegen, dort schaut uns der Bürgermeister an. Mit sehr nachdenklichem Blick. Immer getrennt die zwei, nie gemeinsam. Was das wohl zu bedeuten hat? Der Mann ist jedenfalls nicht zu beneiden, sieht er sich doch einer weiblichen Heerschar von kampferprobten Amazonen gegenüber, die nichts anderes will, als der Jahrzehnte langen männlichen Vorherrschaft in der Stadt ein Ende zu setzen. „Lieber Gott im Himmel, bitte diesmal keinen Pimmel“ lautet das im Flüsterton vorgetragene Stoßgebet der Stunde. Vielleicht habe ich mich aber auch verhört, ganz abgesehen davon, dass sich der so Angerufene hüten wird, sich in den Meraner Wahlkampf einzumischen. Er mischt sich ganz offensichtlich schon seit geraumer Zeit überhaupt nicht mehr in weltliche Angelegenheiten ein, sondern lässt den Dingen seinen Lauf. Und er schaut zufrieden auf unsere kleine Stadt, wo man ihm auf der Kurpromenade ein Denkmal gesetzt hat. Inmitten eines Blumenbeets steht der Turm seiner und unserer Pfarrkirche. Eine Nachbildung, aber immerhin. Wenn ich das geahnt hätte! Ich hätte eine eigene Liste aus dem Boden gestampft, die KP Meran. Nicht was Sie jetzt denken. KP steht für Kirchturm-Partei. Das Motto hätte lauten können „Wir machen Kirchturmpolitik“. Große Plakatwände mit dem Pfarrturm als Listenzeichen. Chance verpasst. Ob der liebe Gott sich freut, dass er das Blumenbeet mit einem Kanufahrer und mit Kurarzt Dr. Franz Tappeiner teilen muss? Und dann ist da noch die zerzauste Frau, die auf einer Parkbank sitzt und wartet, dass endlich jemand kommt und sie zum Frisör begleitet. Ein Erdloch hätte man noch graben können, das den Küchelbergtunnel symbolisiert. Dieses Mini-Meran wird uns jetzt eine Weile erhalten bleiben. So gesehen hat man es mit Politikern und Innen auf Plakatwänden einfacher. Am Tag nach der Wahl kann man sie entfernen.