Sonderklassen für Erstklässler ohne Deutschkenntnisse?
Im Sommer 2024 von Eva Pföstl
Die Direktorin der Goetheschule in Bozen hatte mit Schulbeginn einen neuen Weg einschlagen wollen: Angesichts zahlreicher Schüler und Schülerinnen, die kein Deutsch sprechen, hatte sie eine Klasse zusammengestellt, in der niemand Deutsch spricht, um so anders und vor allem dezidiert auf die deutsche Sprache einzugehen. Diese geplante Sonderklasse wird es – auch nach heftigen politischen Kontroversen – aufgrund eines Entscheides der Landesschuldirektion nicht geben. Nicht nur die gesetzliche Lage sei für die Entscheidung grundlegend, sondern auch wissenschaftliche Erkenntnisse, so die Begründung des Bildungslandesrates Philipp Achammer.
Die Diskussion geht jedoch weiter. Der Meraner Stadtanzeiger hat sich im benachbarten Ausland umgehört.
Rosenheim, Deutschland: Kai Hunklinger, Rektor der Grund- und Mittelschule Rosenheim-Fürstätt
In Rosenheim gibt es an der Grund- und Mittelschule Rosenheim-Fürstätt eine Deutschklasse für die Jahrgangsstufen 1 & 2, an einer weiteren Grundschule gibt es eine für die Klassen 3 & 4. Darüber hinaus gibt es für die älteren Schüler sogenannte schulartunabhängige Deutschklassen, welche an einer Mittelschule, an einer Realschule und an einem Gymnasium verortet sind. Pro Klasse sollten maximal 20 Schüler sein. Die Anzahl der schulartunabhängigen Deutschklassen richtet sich möglichst nach dem Bedarf.
In der Regel besuchen die Schüler die Deutschklasse ein Jahr. Teilweise bleiben die Schüler auch länger. Teil des Konzeptes ist es aber, dass die Schüler in die Regelklassen überführt werden, sobald sie sprachlich dem Regelunterricht folgen können. Das kann natürlich auch während des laufenden Schuljahres vorkommen. Insgesamt haben wir sehr gute Erfahrungen mit den Deutschklassen, da sich das Konzept, unabhängig vom Lehrplan der jeweiligen Jahrgangsstufe erst einmal Deutsch zu lernen, absolut bewährt hat.
Auch wenn ich weiß, dass meine Meinung in keiner Weise relevant ist, ich werde nie verstehen, wie besondere Förderung zunehmend als diskriminierend empfunden wird! Fühlt sich ein einziger Rollstuhlfahrer diskriminiert, wenn man ihm bei einer Treppe einen Lift oder eine Rampe baut?
Winterthur, Schweiz: Martina Blum, Vorsteherin Dept. Schule und Sport, Stadt Winterthur
In Winterthur führen wir ein System von Aufnahmeklassen (AK), das neu zugezogenen Schülerinnen und Schülern zur Verfügung steht. Alle Kinder und Jugendliche, die neu nach Winterthur kommen und nicht Deutsch sprechen, besuchen für das erste Jahr der Beschulung die AK, um dort ihre Deutschkompetenzen möglichst rasch zu entwickeln. Das Ziel ist es, dass nach einem Jahr der Beschulung in einer AK eine Zuweisung in eine Regelschulklasse passiert.