Die Musik der Welt
Von sinfonischer „Klassik“ über Barock-Highlights bis zu A-Cappella-Konzerten und Jazz: Das südtirol festival meran 2024.
„Mit der Zeit vergeht alles“ heißt es melancholisch in Leo Ferrés Chanson „Avec le temps“, das Ute Lemper früh in ihr Songbook aufgenommen hat. Sicher ist: Auf das Repertoire dieses Weltstars trifft das nicht zu. Anlässlich ihres 60. Geburtstags unternimmt sie beim südtirol festival meran eine Zeitreise, die im freizügigen Berlin der 1920er-Jahre beginnt und nach Zwischenstationen in Paris, London und New York bis nach Buenos Aires führt und dort beim Tango-Altmeister Astor Piazzolla endet. Man kann ihre Songs als Pop, Rock, Jazz, Soul oder Chanson hören, als Melange aus Stilen und Musikrichtungen oder einfach nur als Ute Lemper.
Ein Highlight in einem an Höhepunkten reichen Programm: Bis zum 23. September bietet das südtirol festival meran noch viele Konzerte an – vom sinfonischen Repertoire über Barock-Evergreens bis zu herausragend besetzten A-Cappella-Konzerten und Jazz. Vielfältiger geht es kaum: Mit Wiener Schmäh und souveräner Raffinesse „bejubelt“ die Blasmusik-Gang Mnozil Brass ihr 30-jähriges Bestehen mit einer Jubiläumsshow, und in einer Performance in Wort und Ton verknüpfen Tobias Moretti und das Ensemble Armonico Tributo auf Schloss Tirol „himmlische“ Glaubenswelten mit Musik aus dem osmanischen Reich, sephardischen Liedern und der westeuropäischen Polyphonie von Rameau, Couperin, Bach und Telemann.
Die Klassikelite reist im August und September wieder in die Kurstadt: Das von Manfred Honeck dirigierte Pittsburgh Symphony Orchestra – einer der wichtigsten US-amerikanischen Klangkörper – fliegt über den Atlantik und spielt mit dem herausragenden Pianisten Yefim Bonfman Rachmaninows 3. Klavierkonzert und Mahlers legendäres sinfonisches Debüt. Das Philharmonia Orchestra London reist mit Daniele Rustioni – dem „Rising Star“ unter den jungen Dirigenten – an und hat neben Beethovens dritter Sinfonie auch Rachmaninows romantisches zweites Klavierkonzert im Gepäck. Solistin ist an
diesem Abend die großartige Pianistin
Yulianna Avdeeva, die 2010 den Chopin-Wettbewerb in Warschau gewonnen hatte.
Das Orchestra dell‘Accademia Nazionale di Santa Cecilia unter der Leitung von Gianandrea Noseda tritt mit den Pianisten Jan Lisiecki und Francesco Piemontesi auf: An diesem Abend versetzt Jörg Widmanns Konzertouvertüre „Con brio” Beethovens Furor in neue Klangwelten, in Mozarts Konzert für zwei Klaviere ringen die Pianisten um die Vorherrschaft und am Ende steht Beethovens 5. Sinfonie, deren erster Satz „con brio“ zu spielen ist. Die von Daniele Gatti dirigierte Staatskapelle Dresden mit Rudolf Buchbinder – einem der bedeutendsten Beethoven-Interpreten der Gegenwart – präsentiert neben Schumanns vierter Sinfonie einen Beethoven-Schwerpunkt. Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester tanzen durch die Musikgeschichte, und die Wiener Symphoniker unter ihrem neuen Chefdirigenten Petr Popelka mit der Pianistin Anna Vinnitskaya gestalten das Abschlusskonzert der Saison 2024 mit Tschaikowskys berühmtem erstem Klavierkonzert und Bela Bartóks „Konzert für Orchester“.
Das südtirol festival meran hat viele Facetten: Der A-Cappella-Chor Ars Nova Copenhagen öffnet in der Pfarrkirche Niederlana einen nordischen Klangraum, zu dem auch der Däne Bent Sørensen gehört, dessen „Engelsmusik” mit einem Liebeslied aus dem Mittelalter endet. In der Stadtpfarrkirche feiern die italienischen Ensembles Lux Vivens und Polifonico Adiemus mit mystischen Gesängen, Gongs, Kristallglocken und schamanischen Trommeln das Licht in all seinen Formen. Das Modigliani String Quartet spielt im Pavillon des Fleurs Streichquartette von Brahms und Beethoven, und der Flötist Stefan Temmingh verbindet mit seinem Ensemble in der Evangelischen Christuskirche Arien aus Händel-Opern mit englischen Barock-Grounds.