Futura Förderpreis für Domenico Rosani
Kinderrechte und Technologie: Die Schattenseiten des Internets
Im Winter 2025 von Eva Pföstl
Der in Meran geborene und heute in Utrecht lebende Domenico Rosani wurde heuer mit dem Futura-Förderpreis ausgezeichnet. Die Initiative „Futura – Förderpreis für junge Südtiroler/-innen im Ausland“ verfolgt das Ziel, junge Menschen auf ihrem Karriereweg im Ausland nicht nur materiell, sondern auch ideell zu unterstützen. Als Assistenzprofessor für vergleichendes und europäisches Strafrecht hat sich Domenico Rosani auf das Thema Kinderrechte und Technologie spezialisiert. Ein Schwerpunkt ist dabei: Schutz von Minderjährigen vor Online-Missbrauch. Rosani lehrt auch als Gastprofessor an der Universität Trient und hält richterliche Fortbildungen; darüber hinaus war er Berater des Europarat-Ausschusses zum Schutz von Kindern. Er hat zu diesen Themen international umfangreich publiziert und seine Forschungstätigkeit wurde mehrfach ausgezeichnet. Vor seiner Berufung nach Utrecht war er am Institut für Italienisches Recht an der Universität Innsbruck sowie bei der EU-Grundrechteagentur tätig. Wir haben Domenico Rosani um ein Interview gebeten.
MS: Herr Rosani, Sie haben sich in Ihren Forschungen auf den Schutz von Minderjährigen vor Online-Missbrauch spezialisiert. Wie sind Sie denn eigentlich zu diesem Thema gekommen und was war Ihre Motivation, diesen Weg zu gehen?
D. Rosani: Es ist mir ein Anliegen, dass meine Forschung einen konkreten Nutzen für die Gesellschaft hat. Von den Themen, mit denen ich mich beschäftigt habe, ist dieses besonders herausfordernd, da es äußerst sensible Aspekte berührt. Ich habe mich insbesondere mit der Problematik von Minderjährigen befasst, die selbst intime Inhalte generieren und diese möglicherweise mit Gleichaltrigen teilen – eine komplexe Frage, die sich an der Schnittstelle zwischen Schutz und Autonomie bewegt. Ich habe verschiedene internationale Ansätze verglichen und auf ihre Kompatibilität mit dem europäischen Rechtsrahmen überprüft.
MS: Das Internet bietet Kindern und Jugendlichen Chancen auf Teilhabe und Information. Zugleich entstehen online neue Räume, in denen Minderjährige Opfer von sexueller Gewalt werden können. Was braucht es, um Kindern auch im Internet Freiräume zu gewähren, ohne sie gleichzeitig den Gefahren dieses Mediums auszusetzen?
D. Rosani: Das Internet ist in vielerlei Hinsicht ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bietet es Kindern und Jugendlichen wertvolle Möglichkeiten zur Teilhabe, Information und persönlichen Entfaltung. Andererseits birgt es schwerwiegende Risiken – nicht nur in Form potenzieller Gefährdungen durch Dritte, sondern auch durch unüberlegte Handlungen, die einem selbst oder anderen schaden können. Möglichkeiten und Risiken gehen Hand in Hand, sodass rein protektionistische Ansätze nicht zielführend sind. Stattdessen braucht es einen kritischen, reflektierten Umgang mit Technologie, der sowohl ein Bewusstsein für Risiken fördert als auch klare Grenzen setzt – wie Räume und Momente ohne Internet. Denn ein gesundes Aufwachsen erfordert mehr als digitale Interaktionen: Es braucht auch analoge Erlebnisse zur Förderung zwischenmenschlicher Kompetenzen.
MS: Existierende Gesetze und Rechtsvorschriften hinken den technischen Entwicklungen oft hinterher oder fehlen gänzlich. Wie kann der Schutz von Kindern und Jugendlichen auf den digitalen Raum ausgeweitet werden?
D. Rosani: Rechtsvorschriften sind tatsächlich nicht immer auf dem neuesten Stand. Darüber hinaus ist dies ein äußerst sensibles Terrain, auf dem der Gesetzgeber manchmal zu populistisch agiert, während er sich andere Male nicht klar genug positioniert, sodass letztlich vieles von der Auslegung der Normen durch die Gerichte abhängt. In jüngster Zeit sind vermehrt technische Möglichkeiten entstanden, Kommunikationskanäle zu überwachen und so potenziellen Missbrauch frühzeitig zu erkennen. Ein aktueller Vorschlag der EU zielt darauf ab, solche Instrumente gesetzlich zu verankern. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie man den richtigen Ausgleich zwischen dem Schutz von Minderjährigen und dem Schutz der Privatsphäre aller Bürger/-innen finden kann. Zumal eine solche Maßnahme in der Praxis weniger effektiv sein könnte, als es auf den ersten Blick scheint, da sie nur einen begrenzten Teil der Kommunikationskanäle abdecken würde.
MS: Wie steht es in Italien um den Schutz von Minderjährigen im digitalen Raum?
D. Rosani: Es ist schwierig, diese Frage allgemein zu beantworten. Hinsichtlich des „Cyberbullying“, also der Belästigung von Personen über Kommunikationskanäle, wurden zum Beispiel in Italien wichtige gesetzliche und institutionelle Schritte unternommen. Es muss jedoch gesagt werden, dass nicht alle Maßnahmen die gewünschte Wirkung zeigen. Andere Themen des digitalen Jugendschutzes hinken hingegen teilweise hinterher. Insofern bleibt sicherlich noch viel zu tun, um den Schutz von Kindern und Jugendlichen im digitalen Raum zu gewährleisten.