Meran hat die Wahl
Wer macht das Rennen um das höchste Amt der Stadt?
Im Frühling 2025 von Eva Pföstl
Zu den Gemeinderatswahlen präsentieren sich am 4. Mai insgesamt 13 Listen mit 292 Kandidat/-innen und fünf Bürgermeisterkandidaten und -kandidatinnen. Wir haben die fünf Bewerber/-innen für das höchste Amt der Stadt Meran um ein schriftliches Interview gebeten:
Die Stadtgemeinde Meran muss dringend ein Gemeindeentwicklungskonzept ausarbeiten. Wo sehen Sie für die Zukunft die Obergrenze der in der Stadt Meran ansässigen Bevölkerung und wie soll diese durch politisches Handeln gemanagt werden?
Ceresara: Eine ausgewogene Stadtentwicklung braucht keine starre Obergrenze, aber weitsichtige Planung und einen klaren Fokus auf das Allgemeinwohl.
Da Molin: Wir glauben nicht, dass eine Bevölkerungsgrenze gesetzt werden kann, aber es ist entscheidend, dass jedes Wachstum nachhaltig ist. Durch eine auf Stadtplanung und Lebensqualität ausgerichtete Politik verpflichten wir uns, ein gut verwaltetes Bevölkerungswachstum zu gewährleisten, Überbevölkerung zu vermeiden und hohe Lebensstandards aufrechtzuerhalten. Politische Maßnahmen sollten sich auf angemessene Infrastrukturen und effiziente Dienstleistungen konzentrieren.
Dal Medico: Es ist nahezu unmöglich, die Bevölkerungsentwicklung mit absoluter Sicherheit vorherzusagen. Um den Meraner Familien und denjenigen, die sich für ein Leben in unserer Stadt entscheiden, zu helfen, müssen wir vor allem dem Wohnungsnotstand entgegenwirken, indem z. B. aufgelassene Gebiete umgewidmet und die Voraussetzungen für den Bau neuer, auch preisgebundener Wohnungen geschaffen werden.
Netschada: Junge Menschen müssen an der Entwicklung der Gemeinde Meran teilhaben, sie repräsentieren die Zukunft der Gemeinde. Es gibt derzeit schon genug Bevölkerung, ganzjährige Touristen. Migrationsstopp!
Zeller: Auch, wenn sich eine feste Obergrenze in der Praxis kaum umsetzen lässt, darf Meran nicht unkontrolliert wachsen. Wenn die Stadt wächst, müssen auch die Schulen, die Betreuungsplätze, das Grün, die Infrastrukturen usw. mitwachsen. Es kann nicht sein, dass hunderte Wohnungen entstehen, ohne alle Aspekte mitzudenken – sonst riskieren wir, dass sich die Lebensqualität verschlechtert, anstatt sich zu verbessern.
Spannungsfeld Gemeindeentwicklungskonzept: Welches Potential als Wirtschaftsstandort Meran soll in Zukunft gefördert werden?
Ceresara: Der Tourismus hat mit seinen Nebenwirkungen inzwischen eine Grenze überschritten.
Wir wollen uns breiter aufstellen: lokale Kreisläufe fördern, Bauernmärkte, Kleinbetriebe und innovative Geschäftsmodelle.
Da Molin: Meran sollte auf hochwertigen Tourismus und Gastronomie setzen, um Overtourism zu vermeiden, sowie Sektoren wie Technologie und nachhaltige Innovation fördern und gleichzeitig die Ausbildung einer qualifizierten Arbeitskraft sicherstellen.
Dal Medico: Die Entwicklung der Stadt als Smart City ist sicher eine der obersten Prioritäten. Gezielte Investition in neue Technologien können die Lebensqualität aller verbessern und neue Unternehmen anziehen. Im Bereich Tourismus muss verstärkt auf Nachhaltigkeit sowie auf die gemeinsame Marke Meran gesetzt werden. Weiters muss der lokale Handel und das Handwerk unterstützt werden. Genauso wichtig sind Investitionen in die Infrastruktur. Es ist auch unerlässlich, das Wirtschaftsforum zu fördern, um Institutionen, Unternehmen und Bürger/-innen zu vernetzen.
Netschada: Meran sollte sich als Wirtschaftsstandort auf die sozial-ökonomische Ebene begeben.
Zeller: Der Tourismus ist und bleibt ein starkes Wirtschaftsstandbein für Meran. Gleichzeitig müssen wir auch andere Wirtschaftszweige stärken – dort könnten Bildungs- und Forschungseinrichtungen entstehen, die neue Impulse bringen.
Meran braucht Arbeitsplätze mit Perspektive, die auch junge Menschen ansprechen.
Spannungsfeld Stadtplanung: Der aktuelle Gemeinderat hat die beiden viel kritisierten Megaprojekte ex-Cafa und ex-Marinello nicht mehr behandelt. Wie wollen Sie diesen beiden Themen begegnen und wie sehen Sie die Neugestaltung des Kasernenareals?
Ceresara: Weitsichtige Stadtplanung bedeutet: nicht die Lobbys entscheiden, sondern die Menschen. Wir alle leben noch mit den Folgen, wenn die Investoren längst weitergezogen sind. Meran braucht erschwingliche Wohnungen, keine Wohnsilos für 600 Menschen. Deshalb: Partizipation und Transparenz statt Hinterzimmer-Deals.
Da Molin: Wir werden die ausstehenden Projekte mit einer Strategie angehen, die diese Gebiete aufwertet, ohne sie überzuentwickeln. Wir priorisieren Projekte, die der lokalen Gemeinschaft greifbare Vorteile bieten, wie Grünflächen, Geschäfts- und Wohnbereiche, die die Architektur und den Geist von Meran widerspiegeln.
Dal Medico: Ich finde es schlimm und schädlich für unsere Gemeinschaft, dass die Änderung des Bauleitplans für die Zonen ex-Cafa und ex-Marinello auf instrumentelle und kontraproduktive Weise verhindert bzw. vertagt wurde. Bis dato wurde lediglich die Änderung des Bauleitplans in die Wege geleitet. Die Kubatur, die Höhe und die Nutzungsbestimmung sind noch zu definieren und werden im Neugestaltungsplan und in Verhandlungen mit den privaten Bauunternehmern festgelegt. Das Landesraumordnungsgesetz schreibt uns vor, Fläche zu sparen und neue Gebäude zu entwerfen, die sich in die Höhe entwickeln. Das Kasernenareal muss mit einer sorgfältigen Planung in einem Prozess der Beteiligung und des Austauschs mit der Bevölkerung angegangen werden.
Netschada: Ex-Cafa- und Ex-Marinello-Areal in Meran: Meran braucht keine neuen Kauf-/Mietwohnungen, im Ex-Cafa Areal sollte ein 2-stöckiges Mehrzweckhaus errichtet werden. Ideal für Veranstaltungen, Seminarräume, Tanzsäle, Turnhallen, Küche usw. Die Öffis perfekt in der Nähe. Bei Veranstaltungen wird kein Nachbar gestört. Eine Stätte wo sich Kinder, Jugendliche, Familien, Singles, Senioren und Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung treffen können, soziale Kontakte pflegen können.
Zeller: Stadtplanung muss das große Ganze im Blick haben – gerade bei sensiblen Projekten wie ex-Cafa, ex-Marinello oder dem Kasernenareal. Wenn neuer Wohnraum entsteht, muss er gut ins bestehende städtebauliche Gefüge passen. Grünflächen, Infrastruktur und Mobilität dürfen dabei nicht auf der Strecke bleiben. Wichtig ist auch eine offene Diskussion: Wie viel Kubatur soll privaten Investoren zugestanden werden – und was bekommt die Allgemeinheit dafür zurück? Beim Kasernenareal haben wir die Chance, gemeinsam mit der Bevölkerung ein Entwicklungskonzept zu erarbeiten, das das Potenzial dieser Fläche wirklich ausschöpft – für Meran heute und für die kommenden Generationen.
Spannungsfeld Geschäftesterben: Viele Meraner Handelsbetriebe kämpfen mit hohen Mietkosten und sinkender Frequenz. Wo wollen Sie Akzente setzen?
Ceresara: Der öffentliche Raum muss ein Ort der Begegnung sein, Menschen anziehen. Wir brauchen eine 10-Minuten-Stadt, in der man gern ums Eck einkauft. Und kulturelle Angebote wie eine neue Bibliothek.
Da Molin: Es ist schwierig, gegen die Giganten des Online-Handels zu konkurrieren; daher sollte der Fokus auf der Qualität und den einzigartigen Merkmalen lokaler Produkte liegen. Im Rahmen unserer Kompetenzen könnten wir über Anreize nachdenken, um den Druck auf lokale Händler zu verringern, indem wir Steuererleichterungen für Immobilieneigentümer fördern, die erschwingliche Mieten beibehalten.
Dal Medico: Die Gemeindeverwaltung kann nicht Privaten die Anwendung von mietpreisgebundenen Mieten auferlegen. Was die Gemeinde tun kann und muss, um die Wirtschaftsreibenden zu unterstützen, habe ich bereits erwähnt (siehe Antwort zur Frage Nr. 2). Eine sichere Stadt mit einer modernen und funktionalen Infrastruktur ist die beste Voraussetzung, um die lokale Wirtschaft zu fördern.
Netschada: Hohe Mietkosten Geschäfte: Ein Gespräch mit den Besitzern, um für beide Parteien eine Lösung zu finden. Ein Besitzer trägt auch bei Leerstand die Spesen. Auf Dauer wird Investitionsimmobilie zur Schuldenimmobilie, große Ketten kaufen sie. Südtiroler Handwerksbetriebe, Kleidung, Schuhe, Taschen etc. etablieren, gratis parken.
Zeller: Wir müssen unsere Geschäftsstraßen gezielt aufwerten und so gestalten, dass sich Menschen dort gerne aufhalten und die Betriebe gut arbeiten können. Gleichzeitig habe ich als Wirtschaftsreferentin damit begonnen, den lokalen Handel auch im digitalen Bereich zu stärken – etwa durch Unterstützung bei Lieferservices oder Abholstationen, damit bequem lokal eingekauft werden kann, auch wenn online bestellt wird. Zusätzlich könnten gezielte Förderungen helfen, neue Betriebe in bestimmten Zonen anzusiedeln und die Vielfalt im Stadtbild zu stärken.
Spannungsfeld Sicherheit: Was möchten Sie konkret tun, um Meran mehr Sicherheit zu verschaffen?
Ceresara: Es braucht mehr Präventionsarbeit, z. B. durch Streetworker, um kritische Situationen zu entschärfen, bevor es zu Gewalt kommt. Zudem wollen wir die Ortspolizei stärken, die öffentliche Beleuchtung verbessern und für mehr Zivilcourage werben.
Da Molin: Wir werden verstärkte Sicherheitsmaßnahmen umsetzen, mit einer erhöhten Präsenz von Ordnungskräften in Risikogebieten und der Installation fortschrittlicher Überwachungssysteme. Wir werden eng mit den Ordnungskräften zusammenarbeiten, um eine sichere und geschützte Umgebung zu gewährleisten.
Dal Medico: Die Beziehungen zu den Ordnungskräften müssen weiter ausgebaut werden, auch unter Berücksichtigung, dass wir das Projekt der Nachbarschaftskontrolle bereits in zwei Stadtteilen gestartet haben. Die ersten Ergebnisse sind ermutigend und lassen uns hoffen, dass diese Initiative auch auf die anderen Stadtteile ausgedehnt werden kann. Das Ziel muss die Förderung einer partizipierten Sicherheit sein.
Netschada: Sicherheit sollte nicht durch die Präsenz von Soldaten in der Innenstadt geschehen. Polizisten in Zivil. Sporadische Kontrollen auf Waffen (Messer oder dergl.)
Zeller: Sicherheit beginnt mit Präsenz. Wir müssen in den öffentlichen Räumen sichtbar sein – durch Sozialarbeit, eine ansprechbare Verwaltung und auch durch die Polizei. Doch Kontrolle allein reicht nicht aus. Wer nur auf Repression setzt, verliert. Ich orientiere mich an einem pragmatischen Ansatz wie ihn Bart Somers als Bürgermeister von Mechelen verfolgt hat: Er hat gezeigt, dass Sicherheit nur funktioniert, wenn man gleichzeitig konsequent gegen Regelverstöße vorgeht und stark in Bildung, Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt investiert. Es braucht klare Regeln – und das Gefühl, dazuzugehören. Eine Stadt ist sicher, wenn sie allen gehört – wenn niemand sich ausgeschlossen oder zurückgelassen fühlt.
Spannungsfeld Tourismus: Braucht es eine Neuregelung der Ortstaxe in Meran?
Ceresara: Der Tourismus braucht keine Stützräder mehr – und die Kurverwaltung keine großzügigen Beiträge der Gemeinde. Die Ortstaxe kann mehr finanzieren als nur Tourismuswerbung. Sonst verlieren wir am Ende unser größtes Kapital: die Gastfreundschaft der Menschen.
Da Molin: Es ist wichtig, die Aufenthaltssteuer zu überarbeiten, um sicherzustellen, dass die gesammelten Mittel für Maßnahmen zugunsten der gesamten Gemeinschaft verwendet werden, die die Belastungen des Tourismus trägt.
Dal Medico: Die Überarbeitung der Regelung zur Anwendung der Ortstaxe ist zweifellos eine Maßnahme, welche die nächste Stadtregierung in Absprache mit der betroffenen Wirtschaftskategorie angehen muss.