Diese Amerikaner!
Im Herbst 2024 von Georg Schedereit
Wem vertrauen die Amerikaner? Vertrauen die Amerikaner heute auch bei ihren Wahlentscheidungen auf niveau- und geschmackloses Entertainment statt auf Bildung? Vor so etwas hat George Gallup, der Pionier der Meinungsforschung, schon vor Jahrzehnten gewarnt, mit folgenden Worten: „Eine der wirklichen Bedrohungen für Amerikas künftige Stellung in der Welt ist eine Bürgerschaft, die jeden Tag die Wahl trifft, unterhalten zu werden, nicht informiert zu werden.“ „One of the real threats to America’s future place in the world is a citizenry which daily elects to be entertained and not informed“.
Früher hegten die Amerikaner mehr Vertrauen in ihre Institutionen als alle anderen westliche Nationen. Inzwischen ist das ganz anders. Seit 2020 stellt Gallup in den USA noch mehr Vertrauensverlust fest als in Italien, und das will ja etwas heißen. (Viel vertrauensvoller auf Staat und Führungsschicht schauen übrigens seit vielen Jahren die befragten Kanadier, und überraschenderweise auch die Deutschen – obwohl deutsche Medien heutzutage einen viel negativeren, fast selbstquälerischen Eindruck vermitteln). Herkömmliche Medien werden vor allem von den jüngeren Amerikanern immer weniger ernstgenommen. Ganz ähnlich wie in Europa. Und wie in Europa so hat auch in den USA das Vertrauen ins Parlament über die Jahre stark nachgelassen; auch Präsidentschaft und Höchstgericht sind nicht mehr über jeden Zweifel erhaben; das Vertrauen in die Rechtsprechung hat in den G7 Nationen wieder nur in Italien noch schneller nachgelassen als in den USA. Dass Wahlen rechtmäßig ablaufen, darauf vertrauen nur mehr 44 Prozent der Amerikaner. Zum Vergleich: In Skandinavien ist dieses Vertrauen doppelt so hoch. Vertrauen tut man in den USA eher auf der Ebene der 50 Bundesstaaten, mit sehr weitreichender Selbstverwaltung, und noch mehr der lokalen Ebene der Distrikte und Rathäuser. Am angesehensten aber ist ehrenamtliche Wohltätigkeit. Wie bei uns.
Einen großen Unterschied sehe ich bei den Streitkräften. Viel mehr als wir in Westeuropa identifizieren sich in den USA fast alle mit ihren gewaltigen Streitkräften. Und das, obwohl deren jüngste Geschichte ja eher verlustreich war als glorreich: siehe Vietnam, Irak, Afghanistan, Syrien … Trotzdem gehen das Vertrauen und die Dankbarkeit der Amerikaner in ihre Streitkräfte so weit, wie es bei uns unvorstellbar ist: in den USA wird jeder Soldat und jeder Veteran, gleich welchen Dienstgrads, sehr oft von unbekannten Passanten angesprochen mit den Worten: „Thank you for your service!“