Vorbild US-Verfassung - Requiem auf Rechtsstaat?
Im Winter 2025 von Georg Schedereit
Als erstes Land der Welt haben die USA seit 1787 eine freiheitlich-rechtsstaatliche Verfassung, die weltweit als vorbildlich gilt.
Werden nun ausgerechnet sie selbst führend auch in ganz gegenteiliger Hinsicht?
Führend im Verächtlichmachen von Recht und Ordnung, von regelbasierter Gewaltenteilung, von staatsbürgerlichen Rechten und steuerlichen Pflichten, von Gesetzes- und Vertragstreue und Handschlagsqualität auch auf internationaler Ebene?
Das können wir nicht ausschließen nach allem, was wir von Donald Trump seit Jahren gehört haben, bis zum jetzigen neuerlichen Amtsantritt als Präsident. Zumal uns solches ja keineswegs mehr fremd ist in Europa.
Ansatzweise erleben wir ja massive Infragestellungen der Justiz und ihrer Unabhängigkeit in Italien schon seit Jahrzehnten, zuerst mit Berlusconi und Salvini, dann in Polen härter und konkreter, und am nachhaltigsten bis heute in Ungarn.
Dort ist Orban bereits länger an der Macht als jeder andere europäische Regierungschef; er baut erklärtermaßen an einer nationalistischen „illiberalen Demokratie“ und wird dafür von Donald Trump, Giorgia Meloni, Matteo Salvini, Herbert Kickl, Robert Fico u.a. über die Maßen bewundert und zunehmend nachgeahmt: mit ständiger Polemik von Mehrheitsparteien und Regierungen gegen die – von ihnen laut Verfassung unabhängigen – Richter, Staatsanwälte und Journalisten, auch gegen eigene vertragliche übernationale Verpflichtungen auf EU-, Europarats-, Menschenrechts- und UNO-Ebene.
Es wird immer lauter und wirkungsvoller, das nationalistische Pochen von Möchtegern-Alleinherrschern aufs Recht des Stärkeren für sich, ihre Freunde und ihre materiellen Interessen.
Auffällig dabei ist die bei fast allen Wahlen in liberalen Demokratien zunehmende Gleichgültigkeit der Bevölkerungsmehrheit gegenüber dieser Aushöhlung unserer regelbasierten parlamentarischen Grundordnung und Gewaltenteilung.
Diese wird offensichtlich fast nur mehr dort als vorrangig und kostbar erkannt, wo man sie NICHT hat.