Keine Weihnacht in Meran
Im Herbst 2024 von Robert Asam
Weihnacht in Meran. Wussten Sie davon? Also, dass es in Meran weihnachtet. Zum Glück habe ich das Inserat im Tagblatt gesehen, sonst hätte ich nie erfahren, dass Weihnacht in Meran ist. Die Einbrecherbande, die gleich in der ersten Nacht der Eröffnung ein Dutzend Marktstände aufgebrochen hat, vermutlich auch nicht. Ah, da schau her, Weihnacht in Meran, da gehen wir hin, werden sich die Herren gedacht haben. Das Gendern ist in diesem Fall wohl nicht nötig. Die einzigen, die dieses Zeitungsinserat vermutlich übersehen haben, waren unsere Freunde und Helfer in Uniform. Es war – das muss man zugeben – aber auch nicht vorhersehbar, dass die Diebesbande ausgerechnet dann unterwegs ist, wenn anständige Leute schlafen. So wie vor einiger Zeit, als in den Lauben reihenweise Schaufenster eingeschlagen oder in einigen Straßen dutzende geparkte Autos beschädigt wurden. Immer nachts im Schutz der Dunkelheit treibt dieses lichtscheue Gesindel sein Unwesen. Das ist feige. Ich spaziere ja auch nicht um 3 Uhr früh über die Promenade, sondern tagsüber und stelle mich der Herausforderung. In regelmäßigen Abständen begleiten und überholen mich in langsamer Fahrt Streifenwagen. Das gilt allerdings nur für mich. Der hauptberufliche Einbrecher und die Hobby- und Freizeitvandalen wollen nicht von der Polizei begleitet werden. Die Stadtregierung ist wieder einmal gefordert. So gesehen wären vielleicht einheitliche Arbeitszeiten eine Lösung. Oder wir verzichten auf Zeitungsinserate, die uns völlig überraschend mitteilen, dass es eine Weihnacht in Meran gibt. Oder noch besser: Keine Weihnacht in Meran! Das wäre eine Nachricht. Ich sehe die Einbrecherbande über die Kurpromenade irren und weit und breit kein Weihnachtsmarkt. Nur gähnende Leere. Plötzlich kommen von allen Seiten scharenweise Touristen, um die weltweit einzige Stadt zu besuchen, in der Weihnachten nicht stattfindet. Und ausgerechnet in dem Moment, in dem ich dem Bürgermeister zu dieser genialen Idee gratulieren will, kommt ein Streifenwagen, und ich muss ausweichen. Und dann bin ich aufgewacht. Gerade rechtzeitig, um noch in die Stadt zu kommen und die letzten Black-Week-Angebote zu nutzen.