Mein familiäres Amerika-Bild
Im Herbst 2024 von Georg Schedereit
Angefangen hat Amerika für mich mit einem deutschen Schäferhund. Den hat mein Vater nach dem Krieg von zwei amerikanischen Soldaten übernommen. Sie durften ihn nicht nach Amerika mitnehmen, hätten ihn einschläfern müssen. Stattdessen belebte er also unseren Meraner Familienalltag. Über diesen Hund bin ich aufs Englische gekommen. Denn er hieß „Youcome“, und er hörte auf die Aufforderung „come here!“ und „sit down!“
In meinen 13 Südtiroler Schuljahren gab es nie Englisch. Aber meine Familie war immer sehr an Amerika interessiert. Der Vater war der deutsche Dokumentarfilmer, der die meisten Kulturfilme, so nannte man das damals, über die USA drehte, Kurzfilme zuerst fürs Kino und dann fürs Fernsehen.
Wie viele Nachkriegsdeutsche, Italiener genauso, war Karl Schedereit fasziniert von dieser Freiheit, dieser Weite, diesen Wüstenlandschaften, vom Wahnsinnstempo New Yorks, von den Jazzlegenden in New Orleans, von den Beatniks in San Francisco, von der guten Laune fast überall.
Für dieses lange Fahren und Filmen, etwa die ganze Route 66 entlang, zu dritt mit der ganzen Ausrüstung, kaufte man oft eines der beeindruckend langen, inzwischen fast ausgestorbenen Oldsmobile, und verkaufte es dann am Ende der Reise in Los Angeles oder wo.
Ein paarmal war auch unsere sprachkundige Mutter dabei. Wir Kinder wurden dann wochenlang woanders untergebracht als zu Hause. Dafür bekamen wir Amerika dann aus mehr als nur einer Sicht illustriert, am 35 mm-Schneidetisch neben meinem Bett.